Wiesmoor - Geschichte


WiesmoorVor nicht einmal einhundert Jahren bedeckten noch unwegsame Moore das Land und teilten Ostfriesland in zwei Sprach- und Brauchtumsregionen.

Schon lange hatte der Wunsch bestanden, das Wiesmoor zu besiedeln, aber eine 1767 durchgeführte Vermessung des Wiesmoores durch den Ingenieur Kettler scheiterte am schwierigen, unpassierbaren Gelände. Im Jahre 1852 wurde durch Förster von Bodungen ein Konzept erstellt, das “Wieseder Moor” im Sinne einer Fehnanlage zu erschließen. Auch plante er schon einen Jadekanal, jedoch sollte dieser weiter südlich verlaufen als der heutige Ems-Jade-Kanal.

Vorherige Erschließungsversuche, wie z. B. die Verfehnung[1], oder die in Bremen entwickelte und in Marcardsmoor erstmals angewandte Hochmoorkultur[2], waren letztendlich nicht erfolgreich. 

Im Jahr 1906 dann entschloss sich der preußische Staat, das zwischen Aurich und Jadebusen gelegene 12.000 ha große unbewohnte Moorgebiet, das Wiesmoor (Wieseder Moor), industriell abzutorfen und für die Besiedlung zu erschließen. Der dabei anfallende Torf sollte in einem dort zu errichtenden Kraftwerk vor Ort zur Stromerzeugung genutzt werden. Treibende Kraft zu diesen Plänen war der preußische Geheime Rat und spätere Staatssekretär Dr. Ramm. Er war mit Carl Friedrich von Siemens befreundet und konnte den Industriellen, der schon mit Kohlekraftwerken Energie erzeugte, dazu gewinnen, dies auch mit dem Brennstoff Torf in Angriff zu nehmen. Das Kraftwerk ging 1909 ans Netz. - siehe originale Betriebsdaten weiter unten.


Torfkraftwerk Wiesmoor | Foto: Saebens

Jan Hinrichs, Direktor des Kraftwerks, sagte im Jahr 1945 in einem Aufsatz dazu:

Zitat:
"Das Torfkraftwerk WIESMOOR hat als Stromerzeuger nur eine sekundäre Bedeutung, wäre es nur zu diesem Zweck als reine industrielle Anlage gedacht gewesen, so hätte man es nicht mitten in dem 12000 ha großen Wiesmoor, in das ausreichende Verkehrswege nicht führen und führten, errichtet. Das Werk wurde errichtet als unterstützender Faktor bei der großen Arbeit der Kultivierung des Moores.
Um wirklich lebensfähige Siedlungen zu schaffen, müssen zunächst größere Moorflächen vom Torf befreit werden. Das Kraftwerk wurde im Jahre 1909 in Betrieb genommen, es wurde von Anfang an treffend als Torffresser bezeichnet; so gliedert es sich in das größere auf Bodengewinnung und Bauernsiedlung gerichtete Kultivierungswerk. Die Torfgewinnung wurde anfangs vom preußischen Domänenfiskus betrieben, der Kraftwerksbetrieb von den Siemens Elektrischen Betrieben AG. Die Firma wurde später umbenannt in Nordwestdeutsche Kraftwerke AG. Vetragsgemäß hatte der Staat (Domänenfiskus) dem Kraftwerk den Torfbedarf zu einem bestimmten Preis zu liefern. Der Fiskus konnte jedoch bald seinen Verpflichtungen nicht in vollem Umfang nachkommen, so dass schon nach 4 Jahren, von 1913 ab, Kohle mit verfeuert werden musste. Der Anteil der Kohle wurde immer grösser, zuletzt sogar grösser als der Torfanteil. 1920/21 übernahm die Firma SEB die gesamte Torfgewinnung, nachdem der Domänenfiskus sich außerstande erklärt hatte, die Torfgewinnung weiter zu betreiben.
Die Übernahme des Gesamtbetriebes durch die SEB. war ein entscheidender Wendepunkt. Man war nahe daran, Torfgewinnung und Kraftwerk wieder eingehen zu lassen. Weder die wertvollen Leegmoorkulturen noch die Gewächshäuser wären heute vorhanden, wenn die SEB damals nicht eingegriffen hätte. Durch die Verdreifachung der Torfproduktion und einer gleichzeitigen Verbesserung der Verbrennungstechnik gelang es der SEB schon nach 5 Jahren, die Kohle wieder vollständig auszuschalten, darüber hinaus noch die Stromerzeugung allein aus Torf auf das  Doppelte der früheren Erzeugung mit Kohle und Torf zusammen zu steigern.
Heute gewinnt das Torfkraftwerk Wiesmoor seinen Brenntorf aus einer rund 3000 ha großen Moorfläche, die ihm bis 1975 reserviert ist. Das Werk hat eine Leistungsfähigkeit von rund 15000 kVA und versorgt das Gebiet zwischen der unteren Weser und der holländischen Grenze – 9000 qkm – mit Strom; erzeugt wurden bisher 70 Millionen kwh, durch eine 1944 fertiggestellte Umstellung auf Hochdruckdampf ist es möglich geworden, die Erzeugung auf 100 Millionen kwh zu steigern, ohne dass dafür mehr Torf aufgewandt wird. Die Mächtigkeit des Moores beträgt im Mittel 2 mtr.; die obere, unzersetzte humose Schicht (Moostorf) ist 60 cm stark, sie wird abgeräumt und später nach Mischung mit dem Sanduntergrund zu einem guten Kulturboden hergerichtet.
Für die Torftrocknung an der Luft sind ausgedehnte Trockenfelder erforderlich, deshalb wird das Torfgebiet in seiner ganzen Ausdehnung für die Torferzeugung beansprucht.
Während bei der älteren Art der Torfgewinnung im Handstichbetrieb alljährlich nur kleine Flächen abgetorft werden konnten, insbesondere auch, weil Handstichtorf im Freien schlecht überwintern kann, können mit Hilfe der Maschinen in kürzester Zeit große Flächen abgetorft und der Besiedlung zugeführt werden. Die jährliche Torfproduktion der N.W.K. in Wiesmoor stieg seit 1920 auf das Dreifache und zwar von 40 000 auf 120 000 to. Durch diese Produktionssteigerung  und durch die Angliederung landwirtschaftlicher und gärtnerischer Betriebe konnten die in der Torfgewinnung infolge Mechanisierung verschiedener Arbeitsvorgänge freigewordenen Arbeitskräfte weiter beschäftigt werden.
Der Konkurrenzkampf mit der Kohle führte auch im Torfgewinnungsbetrieb zwangsläufig zur Vornahme von Rationalisierungsmaßnahmen. Die Torffördermaschinen verdrängen jedoch keine Arbeitskräfte; je mehr Torf gefördert wird, je mehr Arbeit ist vorhanden. Die Trocknungsarbeiten und die Bewegung des Torfes erfordern die meisten Arbeitskräfte."
Zitat Ende



[1] Moorerschließung über Entwässerung durch Kanäle und Kultivierung durch Siedler
[2] Oberflächliche Entwässerung, Einsatz von Kunstdünger und vorgegebene Anbaumaßgaben


Torfreservate


Torfreservate - Quelle: Hinrichs, Wiesmoor, Entstehung und Zukunft
Die oben stehende Grafik erklärt den systematischen Vorgang beim Abtorfen großer Gebiete, wobei Reservat  I bereits kultiviert ist.

Begonnen wurde die Arbeit durch das Anlegen von Entwässerungsvorflutern im Abstand von 375 m, die senkrecht vom Nordgeorgsfehnkanal aus geführt waren. Insgesamt waren 21 Abschnitte vorhanden. Zwischen Abschnitt 3 und 5 entsand in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg die Gärtnersiedlung Hinrichsfehn. Bei Abschnitt I befand sich ein Lager für freiwillige polnische Arbeiter, die für die Moorarbeit angeheuert waren. Nach dem zweiten Weltkrieg entstand am Abschnitt 17 im Reservat III ein weiteres Lager für Heimatvertriebene aus dem Osten.

NWK Betriebsdaten

Betriebsdaten der NWK Wiesmoor aus den Jahren 1909 - 1960 werden in den folgenden Tabellen dargestellt (Quelle: NWK Wiesmoor).





Wiesmoor 1955


Wiesmoor im Jahr 1955 (?)


Mädchen vor Kraftwerk und Verwaltungsgebäude - Foto: Geulen

Ein junges Mädchen hüpft vor Wiesmoors Kulisse (Kraftwerk im Hintergrund, Verwaltungsgebäude [Torhaus] im Vordergrund rechts). Standpunkt des Fotografen etwa Schuhaus Jaspers.

Im folgenden Fotos aus dem Archiv der Firma Siemens (die Fotos unterliegen dem Urheberrecht der Firma Siemens).



Luftaufnahme nach 1925

dto.

dto.

dto.

Kraftwerk - Ansicht 1


Enteisungsbecken mit Sprühfilter

Gestängepumpe mit Motor R 160

Kesselraum 1

Kesseleaum 2

Kondennsationspumpe mit Motor R 261 g

Kraftwerk Lageplan

Maschinenraum 1

Maschinenraum 2

Maschinenraum 3

Schlackenentfernung

Speisepumpen mit Motor GM 122

Torfaufzugsanlage mit Motor MD 9

Torfbrecher mit Motor MD 220

Torfeinfallgrube

Torfförderanlage mit Motor MD 160

Torfschuppen, Inhalt 3000 t  - entspr. Monatsbedarf

Transportband mit Torfbrecher

Moorkultur - Ankerwagen des elektrischen Pflugs

Moorkultur - Arbeitsweise des elektrischen Pflugs

Moorkultur - Kipppflug mit Windenwagen

Moorkultur - Scheibenegge 1

Moorkultur - Scheibenegge 2

Moorkultur - Sodenpresse, Mischer, Elevator

Moorkultur - Torfbagger mit Transportrinne

Moorkultur - Torfelevator

Moorkultur - Windenwagen des Moorpflugs

Moorkultur - Windenwagen mit Walze

Überlandzentrale - Freileitung nach Neudorf

Überlandzentrale - Freileitung am Kraftwerk

Überlandzentrale - Kanalüberquerung am Ems-Jadekanal

Überlandzentrale - Sammelschinen

Überlandzentrale - Schaltpult 18035

Überlandzentrale - Schalttafel 18033


(C) der mit Serifen untertitelten Bilder: Siemens Historical Institute

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